Psychatrieausstellung 2015

Ausstellung des Pfalzklinikums im November 2015 im Bürgerhaus

siehe auch NS-Psychiatrie in der Pfalz

Die Silzer Schneckepost berichtet darüber in der Ausgabe 11/2015:

Durch jedes Menschenherz

10. November 2015: Klavierklänge im Bürgerhaus. Christian Gerdon spielt aus „Schindlers Liste". Der Silzer Neubürger und Krankenpfleger stimmt auf die Ausstellung „NS-Psychiatrie in der Pfalz" ein.

Etwa 50 Menschen sind auf Einladung des Bürgervereins Silz e. V. zur Eröffnung gekommen. In seinem Grußwort zitiert Ortsbürgermeister Peter Nöthen den Auschwitz-Überlebenden Primo Levi mit den Worten Alexander Solschenizyns: „Allmählich wurde mir offenbar, dass die Linie, die Gut und Böse trennt, nicht zwischen Staaten, nicht zwischen Klassen und nicht zwischen Parteien verläuft, sondern quer durch jedes Menschenherz." Der Bürgermeister leitete daraus „die Aufgabe unserer Generation und der folgenden ab, wachsam zu bleiben". Angesichts neuer „Volksaufmärsche" und brennender Flüchtlingsunterkünfte sei dies leider wieder sehr aktuell. Herzlich wurden drei Neubürger aus Afghanistan begrüßt, die durch sprachliche Unterstützung der Silzerin Edith Cambon interessiert an der bewegenden Veranstaltung teilhaben konnten. Ausschnitte aus Erich Kästners „Über das Verbrennen von Büchern" verdeutlichten, dass man gegen Diktaturen am besten kämpfen sollte, bevor sie entstehen.

Sabine Röhl stellte die ehrenamtlichen Ausstellungsbegleiter vor: Eva Albert, Gerd Berberich, Tamara Kuntz, Marina Mandery, Sophie Reich sowie Heinz Gerstle, Jahrgang 1936. Der Krankenpfleger hatte kürzlich seine Erinnerungen zu Protokoll gegeben und berichtet, wie er als Junge von der Zwangssterilisation eines Silzer Vaters erfuhr und dass er in den 1970er Jahren in der damaligen „Pfalzklinik Landeck" zum Zeugen der Rettung historischer Krankenakten wurde. Er lud zu einer Gedenkminute ein.

Nach der “Mondscheinsonate” führte Dr. Michael Brünger in die Ausstellung ein. Der Chefarzt des Pfalzinstituts – Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Pfalzklinikums, bot den interessierten Besuchern ein Gedankenexperiment an: Was wäre passiert, wenn ich, Jahrgang 1954, 40 Jahre früher geboren worden wäre? Hätte ich widerstanden, wenn man mir den Krankenmord als „Erlösung" vermittelt hätte? Als geschäftsführendes Mitglied im Ausschuss für Gedenkarbeit des Pfalzklinikums versuche er heute, zusammen mit psychisch kranken Menschen, ihren Angehörigen und mit Mitarbeitern klar zu sehen, wo ökonomische „Zwänge" zu unethischem Handeln führen können. Es dürfe nicht hingenommen werden, die Patientinnen und Patienten in „gute" und „schlechte" einzuteilen und die Hilfsangebote danach auszurichten, ob sie wirtschaftlich lukrativ seien.

Im lebhaften Gespräch mit den Besuchern wurde deutlich, dass die gedankliche Basis für verbrecherische Taten damals wie heute weit vorher geschaffen wurde und wird. „Seien wir achtsam, mit uns, mit unseren Mitmenschen und im Umgang mit der Natur. Dann können wir es spüren, wenn die Linie zwischen Gut und Böse in unserem Herzen in die falsche Richtung überschritten wird", heißt es im Gästebuch. Viele der insgesamt etwa 100 Besucher trugen sich ein.

Am 27. Januar, dem bundesweiten Holocaust-Gedenktag, können wir in Klingenmünster auch der Silzer Opfer gedenken und ein Zeichen für Mitmenschlichkeit setzen. Mehr dazu finden Sie unter Termine auf Seite 2. (sr)